Es ist ein feuchter, gräulicher Morgen im Waldviertel. Wir kommen kurz nach halb neun bei der Familie Koppensteiner im verschlafenen Ort Schwarzenbach, etwas außerhalb von Zwettl, an. Unsere Kinder Fabio und Luca freuen sich schon darauf, die Kühe kennenzulernen, die die Milch für unser Eis machen.
Familie Koppensteiners Milchkühe
Christian Koppensteiner und seine Frau Silvia erwarten uns. Die Milchkühe der Familie sind noch im Stall und freuen sich, gleich auf die Weide zu kommen. Es gibt ein aufgeregtes Muh-Konzert, als Christian gekonnt die Stalltüre öffnet. Aber das Wetter scheint auch den Kühen nicht sonderlich zu gefallen: sie gehen nur zaghaft zur Weide. „Wenn die Sonne scheint, ist es anders – da sind sie ganz begeistert. Aber bei so einem Wetter freut es sie nicht richtig.“
Wir beobachten die Kühe auf der Weide. Fabio und Luca bewahren respektvoll Distanz und beobachten ebenfalls – so ruhig kennen wir die beiden sonst nicht. Mittlerweile sind die Kühe schon übermütiger geworden. Sie rangeln und spielen miteinander. Ich frage, ob wir zu ihnen dürfen. Ich habe vor so großen Tieren schon Respekt und erinnere mich an die Medienmeldungen von Unfällen zwischen Kühen und Menschen. Christian beruhigt mich: „Das passiert nur, wenn die Leute mit Hund unterwegs sind. Keine Angst, sie tun dir nichts.“
Er öffnet den Weidezaun und wir gehen auf die Kühe zu. Erstmal schrecken sie ein bisschen zurück aber dann – während Giorgio und ich mit Christian noch weiterplaudern – kommt eine ganze Gruppe neugierig auf uns zu. „Die Hellbraunen sehen ganz anders aus.“, merkt Giorgio an. Christian erzählt daraufhin, dass sie am Hof drei Rassen haben – Braunvieh, Holstein und Fleckviehkühe. „Kennst du eigentlich von allen euren Kühen den Namen?“ frage ich. Er zeigt auf die Kuh direkt neben uns und beginnt sie zu streicheln. „Ja klar, von allen Milchkühen. Das ist Valerie.“ Sie freut sich über seine Aufmerksamkeit und Zuneigung. Wir sind plötzlich umzingelt von etwa 20 neugierig gewordenen Kühen. „Vor allem die braunen sind sehr sehr neugierig, sie wollen immer wissen, was los ist.“
Die Hofrunde geht weiter durch die Ställe – das kleinste Kalb ist erst 4 Tage alt und unglaublich süß. Unser zweijähriger Sohn Luca ist ganz begeistert und sagt immer wieder „Baby, baby“. Mittlerweile kommt die Sonne etwas zum Vorschein und mich zieht es wieder zu den Kühen auf die Weide, um noch ein paar Fotos zu machen. Christian, Giorgio und ich stellen uns neben einer Kuh auf, um fotografiert zu werden. Sie befolgt unsere Regie-Anweisungen nicht richtig und ich rufe sie „Shhhh, Valerie, jetzt komm mal her!“ Christian lacht. „Das ist Ella. Und auf ihren Namen hören die Kühe nicht wirklich.“ Das muss auch ich einsehen. Sie wirken auf mich wie gutmütige, zutrauliche Tiere aber durchaus eigenwillig. Er erzählt uns, dass es schon Ausnahmen gibt. Es gibt Wettbewerbe für Kinder mit Kälbern und da wird so eine enge Beziehung aufgebaut, dass die Kuh auch auf den Namen hört. Sein 10-jähriger Sohn hat vor kurzem den ersten Platz belegt.
Die Milch wird nach Bedarf abgefüllt
Wir kommen mit unserer kleinen Gruppe zur Milchsammelanlage. Das ist ein großer Behälter, von dem aus die Milch abgefüllt wird. Etwa 70% ihrer Milch verkauft die Familie im Direktvertrieb an Betriebe, Schulen und Krankenhäuser in der Region. Es ist auch ein Eisgeschäft in Gmünd dabei, die „Franzi“. Die hat im Sommer ganz schön viel Bedarf an Milch und ruft dann auch mal zwischendurch an, wenn sie Nachschub braucht. Dann steigt Christian oder sein Vater kurzerhand in den Lieferwagen und liefert nochmal extra aus. Wir hören mit etwas neidischem Blick zu. Wir bekommen die Milch über unseren Lieferanten Biogast aus dem Waldviertel und müssen mindestens 3 Tage im Voraus Bescheid geben, wieviel wir benötigen. Die Milch am Biomilch-Hof wird nämlich nur nach Bedarf abgefüllt. Alles, was nicht über den Direktverkauf bestellt wird, wird von der Molkerei abgeholt. Renate, die Mama von Christian, ist schon eifrig am Abfüllen. Bis zu 800 Glasflaschen ist ihr Tagespensum und das muss bis halb 12 (dann kommt die Molkerei) erledigt sein. Die Glasflaschen werden mehrmals wiederverwendet. Nach der gründlichen Reinigung werden sie halb-automatisch befüllt. Danach nimmt Renate jede Flasche einzeln aus der Kiste, um den Deckel sorgfältig draufzuschrauben.
Herausforderung mit Frischeprodukten
Für uns im Eissalon bedeutet die Bestellung einige Tage vor Lieferung einiges an Logistik: wir können den Bedarf an Eis (und damit Milch) mittlerweile über komplizierte Wetter-Forecast-Listen, die die Jahreszeit, Temperatur, Sonnenstunden und alle unsere Erfahrungswerte aus den vergangenen Saisonen mit einbeziehen, planen. Wenn wir zu wenig bestellt haben, hilft es nichts – wir versuchen dann mehr Sorbet zu machen. Haben wir zu viel bestellt, müssen wir die Eisproduktion auf Sorten mit viel Milch verlagern, denn die frische Milch hat ein kurzes Ablaufdatum.
Natürlicher Geschmack
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen der Koppensteiner Milch und der im Supermarkt, fragen wir Christian. Er erklärt, dass sie am Hof den natürlichen Fettgehalt in der Milch belassen. Auf der Flasche steht zwar 3,6% Fett, das ist aber nur eine Mindestangabe. Tatsächlich hat ihre Milch meistens so um die 4,2%, und variiert von Tag zu Tag. In Molkereien wird das überschüssige Fett entfernt, die Milch homogenisiert und zu einem immer identen Produkt gemacht. Die Koppensteiners schätzen den natürlichen Geschmack der Milch und lassen diesen unverändert. Wir finden auch: die Milch schmeckt einfach wunderbar.
Am Ende unserer Hofrunde stößt Christian’s Papa Erich zu uns dazu. Giorgio und ich freuen uns sehr, ihn kennenzulernen, wir haben schon viel von ihm gehört. Er lädt uns auf Kaffee und selbstgemachte Bäckereien am Hof ein. Er erzählt gleich, warum er den Betrieb 1995 auf Bio umgestellt hat:
„Wachstum ist für uns nicht der richtige Weg. Wir setzen auf Qualität und direkten Kontakt.“
Er legt nicht nur viel Wert auf die Produktion der Milch, sondern auch auf den Austausch mit interessierten Menschen und so empfängt die Familie gerne Besucher, die mehr über die Herstellung von Biomilch erfahren wollen. Wir kommen ins Plaudern und laden die Familie zu uns in die Lange Gasse ein, um ihnen zu zeigen, wie es so bei uns abläuft. Ob sie auch mal in den Urlaub fahren, frage ich Silvia. Ja klar, sagt sie. Aber immer in Abstimmung mit den Schwiegereltern und höchstens 2-3 Tage. Wir sind beeindruckt vom Engagement und dem Zusammenhalt der Familie Koppensteiner und stolz darauf, unser Eis aus dieser ganz besonderen Milch zu machen.